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Covered Bonds

Maßnahmen zur Milderung der Belastungen im Kontext der COVID19-Pandemie: Die Vielfalt der Zahlungsmoratorien

Dr. Frederik Kunze

Dr. Frederik Kunze

NORD/LB

Die COVID19-Pandemie sowie die unmittelbaren und mittelbaren ökonomischen bzw. juristischen Folgen, die aus den zur Eindämmung eingeleiteten Schritten hervorgehen, müssen sowohl in ihrer kurzfristigen als auch in ihrer mittel- bis langfristigen Bedeutung für Covered Bonds bewertet werden. Dabei spielt neben der Kreditqualität des Emittenten die Frage nach den Konsequenzen für die Deckungsstöcke, die im Bedarfsfall die Ansprüche der Covered Bond-Investoren sichern sollen, eine wesentliche Rolle. Sowohl für die Kreditqualität der Emittenten als auch für die Bewertung der Cover Pools stellen die aktuellen Entwicklungen wenig überraschend eine potenzielle Belastung dar. Dabei sind die Einflüsse vielschichtig, können sich gegenseitig bedingen und sind in ihrer Wirkung dabei keineswegs immer eindeutig. Im Rahmen des vorliegenden Artikels möchten wir die im Rahmen der COVID19-Krise – teilweise gesetzlich – eingeräumten Möglichkeiten zum Aufschub von Zins- und Tilgungszahlungen bei Darlehensverträgen und einige verschiedene Ansätze vorstellen. Dies ist nach unserer Auffassung nicht zuletzt deshalb geboten, da es sich bei diesen Maßnahmen um einen nicht eindeutigen Einfluss auf die Kreditqualität von Covered Bonds handelt. So würde zwar der unmittelbare Wegfall des Cash Flows aus Zins und Tilgung aus den betroffenen Darlehen die Finanzierung aus laufendem Betrieb gefährden und die Zahlungsflüsse des Cover Pools einschränken. Allerdings sind dieser im Idealfall vorübergehenden Einschränkung die möglichen Gefahren des Kreditausfalls bei unveränderter Fortführung des Darlehens gegenüberzustellen.

Zahlungsmoratorien folgen nicht dem „One-size-fits-all“-Ansatz

Wenig überraschend folgen die bisher verlautbarten Ansätze bzw. Modelle für Zahlungsaufschübe zwar der gleichen Idee, variieren aber sehr stark mit Blick auf die Umsetzung und Vereinbarungsebene. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Laufzeiten der Moratorien, als auch mit Blick auf den Kreis der berechtigten Darlehensnehmer. Auch Themenfelder wie die regulatorische Behandlung der gestundeten Kredite oder Anforderungen im Hinblick auf die Beantragung folgen keineswegs einem „One-size-fits-all“-Ansatz. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, möchten wir für die Länder Deutschland, Spanien, Italien, das Vereinigte Königreich, Belgien, Kanada sowie Irland die Ansätze vorstellen. Dabei ist die Länderauswahl auch dem Zweck geschuldet, aufzeigen zu wollen, dass die Moratorien sowohl auf gesetzlichen Anpassungen als auch auf Absprachen basieren können. Zudem sind uns aus einigen Ländern – wie zum Beispiel Frankreich – bisher noch keine konkreten Ansätze bekannt.

Deutschland: Bundestag hat COVID19-Gesetz verabschiedet (Laufzeitverlängerung um maximal 12 Monate)

Am 25. März 2020 hat der Deutsche Bundestag das COVID19-Gesetz verabschiedet und am 27. März 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, welches Sonderbestimmungen zum Insolvenz-, Gesellschafts-, Strafverfahrens- und Zivilrecht enthält. Neben der Beschränkung der Kündigung von Pacht- und Mietverhältnissen für private und gewerblich genutzte Mietobjekte (vgl. Artikel 5, §2) bezieht sich das Gesetz mit Blick auf Kreditmoratorien auf mögliche Stundungen von Verbraucherdarlehen, die auch private Immobilienfinanzierungen einbeziehen. Bei den Kreditmoratorien sind gewerbliche Finanzierungen hingegen ausgeschlossen. Demnach können Verbraucherdarlehen, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden, und die Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Tilgungs- und Zinsleistungen, die zwischen dem 01. April und 30. Juni 2020 zu zahlen sind, auf Basis des neuen Gesetzes mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden (vgl. Artikel 5, §3(1)). Bedingung dafür ist, dass der Verbraucher aufgrund der durch die Ausbreitung der COVID19-Pandemie außerordentlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Gemäß Verordnungsermächtigung (vgl. Artikel 5, §4(3)) ist durch die Bundesregierung eine Verlängerung der Regelung über den 30. Juni 2020 hinaus bis zum 30. September 2020 ohne Zustimmung des Bundesrates möglich. Formal handelt es sich bei der Stundung um eine Verlängerung des Vertrages um die entsprechende Laufzeit des Moratoriums, wobei im Artikel 5, §3(5) geregelt ist, dass die Vertragsparteien eine einvernehmliche Lösung finden können und dass – sofern dies nicht der Fall ist – eine Verlängerung der Vertragslaufzeit um drei Monate oder – auf Basis einer ebenfalls gemäß Verordnungsermächtigung (vgl. Artikel, 5, §4(3)) durch die Bundesregierung anzusetzenden Verlängerung – um zwölf Monate maßgeblich ist. Die Verlängerung der Vertragslaufzeit dient insbesondere dem Zweck, dem Darlehensnehmer eine Doppelbelastung ab dem Zeitpunkt des Endes des Moratoriums zu ersparen.

Spanien: Real Decreto-Ley 8/2020 (ohne Laufzeitangabe)

Die Notfallmaßnahmen, die von den Entscheidungsträgern in Spanien im Zuge der COVID-19-Pandemie verabschiedet wurden, gehen aus dem Real Decreto-Ley 8/2020 vom 17. März 2020 hervor und schließen auch Zahlungsmoratorien für hypothekarische Darlehen mit ein, wobei die „ökonomische Verwundbarkeit“ der Darlehensnehmer als Voraussetzung für eine entsprechende Stundung definiert wird. Diese kann u.a. vorliegen bei Arbeitslosigkeit von Darlehensnehmern bzw. – im Fall von Geschäftskunden – bei substanziellen Verlusten oder Einbrüchen der Verkaufszahlen (Rückgang um mindestens 40%). Außerdem führt das Gesetz als zusätzliche Anforderungen das Unterschreiten von spezifizierten Gehaltsgrenzen bei den betroffenen Haushalten bzw. Familieneinheiten, außerordentlich hohe Belastungen (Darlehenszahlungen zzgl. Grundversorgung ≥35% des Nettoeinkommens aller Mitglieder der Familieneinheit) sowie die Maßgabe, dass die Familieneinheit als Folge einer gesundheitlichen Notlage eine erhebliche Veränderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse erleidet, an. Für die – nicht näher spezifizierte – Laufzeit des Moratoriums erfolgen keine Zins- und Tilgungsleistungen und Fälligstellungen, des Weiteren sind Verzugszinsen ausgeschlossen. Darlehensnehmer, die diese Bedingungen erfüllen, können einen entsprechenden Antrag bei ihrer darlehensgebenden Bank stellen. Die Kreditinstitute müssen nach Gewährung des Moratoriums die Banco de España benachrichtigen, u.a. um eine Nichtberücksichtigung im Zuge der aufsichtlichen Risikobetrachtung zu erreichen.

Italien: Decreto Cura Italia (18 Monate maximale Aussetzung der Darlehensleistungen)

Als besonders frühzeitig und hart von der Pandemie betroffenes Land hat Italien mit dem landesweit geltenden Decreto Cura Italia (Veröffentlichung in der Gazzetta Uffiziale am 17. März 2020) neue gesetzliche Rahmenbedingungen für den Umgang mit den Herausforderungen COVID19 geschaffen, die teilweise bereits sowohl auf vorangegangene Rechtsakte im Kontext der Corona-Krise als auch auf schon existierende – regional beschränkte – Handhabungen italienischer Banken aufgesetzt haben. Das Decreto Cura Italia ermöglicht es berechtigten hypothekarischen Schuldnern bei Darlehen, welche zum Zweck des Erwerbs einer „Erstwohnung“ aufgenommen wurden, die Zahlung von Tilgungs- und Zinsleistungen maximal zweimal während der Darlehenslaufzeit auszusetzen (maximale Aussetzung 18 Monate und damit Laufzeitverlängerung um maximal 18 Monate). Kriterien für ein entsprechendes Moratorium sowohl für abhängig Beschäftigte (Aussetzung der Arbeit oder die Verringerung der Arbeitszeit für einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen) als auch für Selbstständige und Unternehmer (Umsatzrückgang während eines Quartals, das auf den 21. Februar 2020 folgt – oder innerhalb eines kürzeren Zeitraums zwischen dem Datum des Antrags und dem 21. Februar 2020). Der Kreditnehmer muss bestätigen, dass dieser Rückgang höher als 33% der Einnahmen im letzten Quartal des Jahres 2019 und als Folge der Schließung oder Einschränkung der Geschäftstätigkeit im Kontext der Corona-Krise steht. Im Kontext der italienischen Regulierung gilt es unseres Erachtens zudem festzuhalten, dass Banken über den Fondo di Solidarietà (Solidaritätsfond) ggf. 50% der im Rahmen des Moratoriums aufgelaufenen Zinsen erstattet werden sollen. Mit Blick auf die Bewertung des Einflusses der Gesetzesänderung auf Covered Bonds muss außerdem berücksichtigt werden, dass der italienische Gesetzesrahmen bereits seit dem Jahr 2008 die Möglichkeit von Stundungen vorgesehen hat.

Vereinigtes Königreich: Regierung verkündet Payment Holidays (3 Monate)

Im Vereinigten Königreich werden sowohl auf Regierungsseite als durch die Financial Conduct Authority (FCA) Payment Holidays thematisiert. Dabei verkündete die britische Regierung im Zuge der Verschärfung der Corona-Pandemie Maßnahmen sowohl zum Mieter- bzw. Vermieterschutz als auch für Eigenheimfinanzierer und sprach von einer Einigung mit den Hypothekenkreditgebern. Die FCA hat außerdem Leitlinien für den Einsatz der Payment Holidays für „Kunden von Hausfinanzierern“ (Information for Customers) als auch für Unternehmen (Guidance for Firms) vorgelegt. In Summe gilt es denjenigen Kunden Moratorien zu gewähren, die „aufgrund von Umständen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus Zahlungsschwierigkeiten“ aufweisen und um einen Zahlungsaufschub ersuchen. Die FCA verweist auf einen Zeitraum des Aufschubs von drei Monaten.

Belgien: Regierung, Zentralbank, und Finanzsektor einigen sich (6 Monate Moratorium)

Um den außerordentlichen Herausforderungen Herr zu werden haben sich die belgische Regierung, die National Bank of Belgium (NBB) sowie die Vertreter des Finanzsektors des Landes auf ein zweisäuliges Maßnahmenpaket geeinigt (vgl. u.a. Pressemitteilung der NBB). Demnach verpflichtet sich letzterer, nicht-finanziellen Unternehmen und Selbständigen sowie Hypothekenschuldnern mit Zahlungsschwierigkeiten infolge der Corona-Krise,einen kostenlosen Zahlungsaufschub bis zum 30. September 2020 zu gewähren. Dafür etabliert die Regierung ein Garantiesystem für alle neuen Kredite und Kreditlinien mit einer maximalen Laufzeit von 12 Monaten, die die Banken für Nicht-Finanzunternehmen und Selbständige bereitstellen.

Kanada: Kooperationen mit dem Finanzsektor (Zahlungsaufschub um 1 bis 6 Monate )

Der kanadische Finanzminister befindet sich nach offiziellen Angaben im regelmäßigen Austausch mit den Großbanken des Landes und bespricht sich über die Rolle, die der Bankensektor in der gegenwärtigen Krise einnimmt. Im Zuge des Canada’s COVID-19 Economic Response Plan wird darauf hingewiesen, für Kunden fallbezogene flexible Lösungen zur Bewältigung der verursachten Härten (z.B. Lohnkürzungen, Unterbrechung der Kinderbetreuung oder Krankheit) zu finden. Kanadas Großbanken haben angabegemäß bestätigt, dass diese Unterstützung einen bis zu sechsmonatigen Zahlungsaufschub für Hypothekendarlehen und die Möglichkeit der Entlastung bei anderen Kreditprodukten umfasst. Über die staatliche Canada Housing and Mortgage Federation (CMHC), die auch eine übergeordnete Instanz für die kanadischen Covered Bond-Emittenten ist, informiert die kanadische Regierung außerdem über die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen in Bezug auf Zahlungsaufschübe (Payment Deferrals).

Irland: Einigung im Finanzsektor (bis zu 3 Monate Zahlungsaussetzung)

Am 18. März haben sich in Irland die CEOs von fünf Geschäftsbanken (AIB, Bank of Ireland, KBC, Permanent tsb and Ulster Bank) gemeinsam mit der Banking & Payments Federation Ireland (BPFI) unter Beteiligung des Finanzministers des Landes auf einen gemeinsame Vorgehen zur Unterstützung der von der Pandemie betroffenen Unternehmen und Haushalte geeinigt (vgl. u.a. Pressemitteilung BPFI). Bestandteil der Übereinkunft ist u.a. eine Zahlungsaussetzung um bis zu drei Monate (Payment Break up) für Unternehmen und Privatkunden. Mit Blick auf die Behandlung der rückständigen Kredite sehen die Banken noch Redebedarf mit der Central Bank of Ireland. Der BPFI-Pressemitteilung zufolge haben außerdem erste Gespräche mit Credit-Servicing-Firmen und Nicht-Bank-Kreditgebern stattgefunden. Auch wenn hier ebenfalls Klärungsbedarf bei der Central Bank of Ireland besteht, verpflichten sich angabegemäß auch diese Institutsgruppen zur Zusammenarbeit mit der Regierung und den Geschäftsbanken.

Fazit

Die im Zuge der Coronakrise bisher vereinbarten bzw. gesetzlich verankerten Ausgestaltungen von Zahlungsmoratorien weisen allein in den hier betrachteten Jurisdiktionen eine hohe Bandbreite auf. Dies gilt sowohl in Bezug die Dauer des Zahlungsaufschubs als auch mit Blick auf den Kreis der infrage kommenden Schuldner. Besonders restriktiv erscheinen im letzteren Punkt die gesetzlichen Vorgaben in Spanien und Italien. Der UK-Ansatz lässt schon fast einen kooperativen Ansatz erkennen, wie er insbesondere für Belgien aber auch für Irland und Kanada zu konstatieren ist. Zunächst kommt es bei der Bewertung der Implikationen für die betroffenen Cover Pools sicherlich darauf an, in welchem Umfang die Maßnahmen in Anspruch genommen werden und wie groß der daraus resultierende Effekt auf der Cash Flow-Seite ist. Allerdings gilt es auch zu berücksichtigen, welchen Vorteil Zahlungsmoratorien, die durch zusätzlich regulatorische Lockerungen flankiert werden, aus Emittententensicht haben können. Insbesondere unter der Annahme eines vorübergehenden Charakters der Belastungen im Zuge der COVID19-Pandemie würden wir hier auf mittlere bis lange Sicht auch Vorteile der skizzierten Moratorien sehen, welche geringere Verlustquoten implizieren. Dies wiederum würde für eine auf mittlere bis lange Sicht bessere Kreditqualität der Emittenten sprechen, was entsprechend einen notwendigen Rückgriff auf den Cover Pool unwahrscheinlicher werden ließe.

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