Lage auf dem deutschen Immobilienmarkt weiter angespannt
Hildegard Höhlich
Verband deutscher Pfandbriefbanken
09.2023
Geringere Transaktionsvolumina und Preisrückgänge stehen Anstieg der Renditen gegenüber.
Im zweiten Quartal 2023 hielt die Entwicklung der Vorquartale auf dem Immobilienmarkt an. Die Aktivitäten waren demnach weiterhin von großer Zurückhaltung geprägt. Dies spiegelte sich beispielsweise in einem vergleichsweise niedrigen Transaktionsvolumen wider: Im ersten Halbjahr 2023 wurden Immobilien im Wert von nur knapp 15 Mrd. Euro transagiert, ein so geringes Volumen lag zuletzt im Jahr 2012 vor. Parallel dazu setzte sich der Rückgang der Kapitalwerte fort: Der vdp-Immobilienpreisindex sank um 6,4% gegenüber dem zweiten Quartal 2022, wobei der Teil-Index für Gewerbeimmobilien mit -10,3 % deutlich stärker fiel als der für Wohnimmobilien (-5,4 %).
Bürorenditen steigen
Nach zwei Jahren deutlich gestiegener Flächenumsätze hatte auch der Bürovermietungsmarkt im ersten Halbjahr dieses Jahres mit Rückgängen zu kämpfen. Die Flächennachfrage war vor dem Hintergrund der Winterrezession und der zunehmenden Umsetzung von neuen Arbeitsplatzmodellen, die häufig mit einer Flächenreduzierung bei auslaufenden Mietverträgen einherging, gedämpft. Nach Angaben von JLL wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres dementsprechend nur knapp 1,2 Mio. m² neu vermietet, was nur knapp 70 % des 5-Jahresdurchschnitts entspricht (1,7 Mio. m²).
Der Büroflächenleerstand erhöhte sich zur Jahresmitte auf etwa 5,3 %. Verantwortlich hierfür waren neben der schwachen Flächennachfrage das deutlich höhere Angebot an Untermietflächen, das sich in Folge der nach wie vor hohen Homeoffice-Quote aufbaute. Zum 30. Juni 2023 lag der Anteil der Untermietflächen am Gesamtflächenleerstand bei mehr als 15 %.
Die veränderte Situation auf dem Nutzermarkt trug neben Hemmnissen wie der Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung sowie dem Anstieg von Inflation und Zinsen zu einem Rückgang der Büroimmobilieninvestments bei. So belief sich das Transaktionsvolumen im ersten Halbjahr 2023 auf lediglich rund 3 Mrd. Euro, knapp 80 % unter dem Volumen des Vorjahreszeitraums. Die zurückhaltende Kaufbereitschaft ging mit einem Rückgang der Kaufpreise – gemessen am vdp-Index – im Vergleich zum zweiten Quartal 2022 um 9,8 % einher. Während die Mieten weiterhin leicht stiegen, setzten auch die Renditen ihren Aufwärtstrend weiter fort – im Jahresvergleich stieg der vdp-Liegenschaftszinssatzindex um 16,1 %. Der Anstieg in den letzten vier Quartalen führte dazu, dass sich die Nettoanfangsrenditen Mitte dieses Jahres auf dem Niveau des zweiten Quartals 2016 bewegten.
Hohe Zinsen lähmen Wohnungsmarkt
Auch die Renditen für Mehrfamilienhäuser zogen seit Beginn des Zinsanstiegs merklich an – um mehr als 100 Basispunkte. Der entsprechende vdp-Liegenschaftszinssatzindex stieg im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal um 14,2 %. Gleichzeitig sank das Transaktionsvolumen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 um rund 40 %, mit gut 5 Mrd. Euro war Wohnen dennoch die stärkste Assetklasse in der ersten Jahreshälfte.
Auf dem Eigennutzermarkt zeigte sich ebenfalls eine große Zurückhaltung. So meldete beispielsweise der Gutachterausschuss Berlin allein für die ersten drei Monate dieses Jahres einen Rückgang der Kauffälle bei Eigenheimen um rund 25 % und bei Eigentumswohnungen um mehr als 40 %. Dieser Trend dürfte sich vor dem Hintergrund der weiter gestiegenen Hypothekenzinsen im zweiten Quartal 2023 fortgesetzt haben. Der vdp-Index weist für diesen Zeitraum für Berlin einen Rückgang der Kaufpreise um 4,9 % für Eigenheime und 3,0 % für Eigentumswohnungen auf. Die verhaltene Nachfrage auf dem Käufermarkt verstärkte den Druck auf den Berliner Mietwohnungsmarkt, was sich in einem Anstieg der Neuvertragsmieten um 9,5 % widerspiegelte (zum Vergleich Deutschland: +6,2 %). Entgegen dem bundesweiten Trend mit deutlich rückläufigen Baugenehmigungszahlen – von Januar bis Juni dieses Jahres: -27 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – sank die Anzahl der genehmigten Wohnungen in der Hauptstadt dank hoher Genehmigungszahlen in den ersten vier Monaten mit -2 % bisher nur leicht. Dieser rückläufige Trend im deutschen Markt beschränkte sich auf den Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern (-40 %), während die Zahl der genehmigten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern noch leicht stieg (+1 %).
Gedämpfte Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen setzt sich fort
Die bundesweit vorherrschende Zurückhaltung auf dem Immobilienmarkt bestätigte sich auf der Finanzierungsseite: Das Immobilienfinanzierungsneugeschäft der im vdp zusammengeschlossenen Institute belief sich im ersten Halbjahr 2023 bei Wohnimmobilien auf rund 31 Mrd. Euro und bei Gewerbeimmobilien auf nahezu 22 Mrd. Euro. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2022, in dem u. a. aufgrund von Vorzieheffekten in Erwartung steigender Zinsen mit 59,4 bzw. 35,2 Mrd. Euro Rekordergebnisse verzeichnet worden waren, ergab sich ein Minus von rund 48 bzw. 39 %.
Zuerst erschienen im vdp Quarterly Nr. 3, 2023