5 Fragen an Uwe Jurkschat, Head of Funding & Investor Relations, Deutsche Kreditbank (DKB)
Christian Walburg
Verband deutscher Pfandbriefbanken
Den ersten Sozialen Pfandbrief hat die DKB 2018 emittiert. Es folgten auch blaue und Retail-Emissionen. Möchten Sie ein Zwischenfazit ziehen?
Uwe Jurkschat
Deutsche Kreditbank
Mit dem Sozialen Pfandbrief haben wir in 2018 Neuland betreten und das Segment der gedeckten Anleihen in Deutschland um einen weiteren nachhaltigen Aspekt erweitert. Seitdem haben wir zwei Benchmark-Transaktionen und einen Retail Social Bond im Format Sozialer Pfandbriefe begeben. Eine besondere Transaktion war sicherlich der weltweit erste Blue Social Bond, den wir 2019 emittiert haben. Dieser öffentliche Pfandbrief ist so konzipiert, dass Darlehen refinanziert werden, die der Wasserver- und Abwasserentsorgung in Deutschland dienen. Dieser Bezug zum Wasser hat dem Produkt den Namen gegeben. Gleichzeitig bezeichnen wir unseren unternehmensweiten Nachhaltigkeitsansatz als „blau“, weil wir über grüne und ökologische Themen hinausgehen und vor allem soziale Aspekte in unser Nachhaltigkeitsverständnis integrieren.
Ein Fazit für uns ist, dass wir sehr früh ein Marktsegment in Deutschland eröffnet haben, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der Anteil von Social Bonds innerhalb des Segments der nachhaltigen Anleihen ist in der jüngeren Vergangenheit überproportional gestiegen – auch vor dem Hintergrund der sozialen Folgen der Corona-Pandemie. Wir erwarten, dass Soziale Anleihen auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil dieser Asset-Klasse bleiben werden. Unser thematisch sehr breit gefasstes Framework – darunter befinden sich die Themen Soziales Wohnen, öffentliche Versorgung, Gesundheit & Pflege, Bildung & Forschung sowie Inklusion – lässt der DKB viel Spielraum, hier weiterhin aktiv zu bleiben und weitere Emissionen mit neuen Schwerpunkten zu begeben.
Christian Walburg
Verband deutscher Pfandbriefbanken
Der vdp hat unlängst Mindeststandards für Soziale Pfandbriefe veröffentlicht. Was erhoffen Sie sich davon?
Uwe Jurkschat
Deutsche Kreditbank
Die Mindeststandards für Soziale Pfandbriefe sind m.E. ein Meilenstein für den Deutschen Kapitalmarkt. Die Mitglieder des vdp übersetzen damit die Anforderungen der ICMA Social Bond Principles, ergänzt um weitere pfandbriefspezifische Aspekte, in einen nationalen Standard zur Förderung dieser Asset-Klasse. Außerdem haben wir die Berücksichtigung des Do no significant harm-Kriteriums integriert und damit Bezug auf die grüne Taxonomie genommen.
Ich verspreche mir von den Mindeststandards mehr Sicherheit und Akzeptanz für potenzielle neue Interessenten und Rückenwind für weitere Emittenten und Soziale Pfandbrief-Transaktionen. Außerdem setzen der vdp und die deutschen Emittenten damit auch Maßstäbe im Vergleich zu anderen Jurisdiktionen und unterstreichen den Anspruch, Deutschland zu einem führenden Sustainable Finance-Standort zu entwickeln.
Christian Walburg
Verband deutscher Pfandbriefbanken
Wird es nach der europäischen Grünen Taxonomie auch eine Soziale Taxonomie geben – welche Herausforderungen sehen Sie?
Uwe Jurkschat
Deutsche Kreditbank
Die Erweiterung der EU-Taxonomie für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten, die bis dato die Themen Verminderung und Anpassung an den Klimawandel umfasst, um soziale Ziele ist bereits in der Diskussion. Dies geschieht z.B. im Rahmen der Plattform für nachhaltiges Finanzwesen der EU Kommission, wo es eine eigene Arbeitsgruppe für das Thema gibt, die bis Ende des Jahres einen ersten Bericht vorlegen möchte. Gleichwohl ist der Themenkomplex „Soziales“ noch diverser als ökologische Themen und die breite Diskussion zur Sozialen Taxonomie erst noch am Anfang.
Eine große Herausforderung sehe ich darin, die unterschiedlichen Parteien und Stakeholder bei dem Entwicklungsprozess zusammenzuführen. Aktuell ist der Kreis der Beteiligten in der o.g. Arbeitsgruppe beispielsweise sehr klein und Vertreter*innen der Privatwirtschaft sind unterrepräsentiert. Das kann dazu führen, dass Konzepte entworfen werden, die für Unternehmen oder den Kapitalmarkt schwer realisierbar sind. Deshalb sollten sowohl die Marktakteure und/oder die entsprechenden Verbände frühzeitig Wege suchen, stärker in die Diskussion um die soziale Ziele für die Taxonomie eingebunden zu werden, um ein ausgewogenes Verhältnis von Theorie und Praxis zu gewährleisten.
Christian Walburg
Verband deutscher Pfandbriefbanken
Welche Zukunftsperspektiven hat das Thema „Social“ im Funding von Kreditinstituten?
Uwe Jurkschat
Deutsche Kreditbank
Ich bin überzeugt, dass Nachhaltigkeit und nachhaltiges Wirtschaften eines der Kernthemen für Kreditinstitute in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sein wird – nicht nur aus ökologischer Perspektive sondern auch und v.a. hinsichtlich sozialer Aspekte. Wir sehen jetzt schon, dass Themen wie Diversität, Gleichberechtigung oder Armutsbekämpfung an Bedeutung gewinnen und zunehmend in Unternehmensstrategien einfließen. Dies geschieht, weil die Gesellschaft sich wandelt und Geschäftspartner*innen, Kund*innen und Investor*innen dies vermehrt erwarten. Diese Entwicklung macht natürlich vor Kreditinstituten nicht Halt und wird sich im Geschäftsgebaren, in den Produkten und natürlich in der Kapitalmarktrefinanzierung widerspiegeln. Insofern denke ich, „Social Funding“ sollte Teil jeder Refinanzierungsstrategie sein oder werden.
Christian Walburg
Verband deutscher Pfandbriefbanken
Was dürfen Anleger dieses Jahr noch zum Thema ESG von der DKB erwarten?
Uwe Jurkschat
Deutsche Kreditbank
Bis dato waren wir ESG-seitig im Februar dieses Jahres mit einem neuen Green Bond am Markt, der insofern bemerkenswert ist, weil es die erste Grüne Anleihe eines Financials war, die den bisher vorliegenden Entwürfen des strengen EU Green Bond Standard und damit der EU Taxonomie entspricht. Dazu kam, dass wir auch der erste Financial waren, der eine Senior Preferred Anleihe mit negativer Rendite preisen konnte.
Aber wir haben weitere Pläne für dieses Jahr – auch auf der gedeckten Seite. Allerdings hängt deren Umsetzung auch mit unserer Einlagenentwicklung und von weiteren Faktoren ab, die aktuell noch schwer einzuschätzen sind. Sollten wir uns aber entscheiden, im zweiten Halbjahr noch einmal an den Markt zu gehen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir wieder einen Sozialen Pfandbrief emittieren würden. Wir werden sehen.