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Nachhaltigkeit

Der ESG-Rating-Markt: Entwicklung und Regulierung

Sabrina Miehs

Sabrina Miehs

Landesbank Hessen-Thüringen

Der Markt für ESG-Ratings und-Rankings, -Daten oder -Indizes ist in den letzten Jahren enorm gewachsen und dürfte auch weiterhin zulegen. Grund dafür ist zum einen, dass der Gesetzgeber und die Regulierungsbehörden zunehmend darauf achten, wie Finanzmarktteilnehmer ESG-Merkmale bei ihren Investitionen berücksichtigen. Zum anderen steigt die Nachfrage der Anleger nach Produkten, die die Entwicklung einer grüneren und sozialeren Gesellschaft fördern.

Zahlreiche Anbieter und heterogene Bewertung

In der Folge haben sich auf dem globalen Markt für ESG-Ratings und Datenprodukte zahlreiche Anbieter etabliert. Das Spektrum reicht von wenigen großen ESG-Informationsfirmen mit globaler Präsenz bis hin zu einer großen Anzahl von kleineren Anbietern mit regional ausgerichteten oder spezialisierteren Dienstleistungen. Insgesamt dürfte die Anzahl dieser Unternehmen global weit über 100 liegen. Allerdings haben in den letzten Jahren einige der größeren, etablierteren Marktteilnehmer begonnen, kleinere ESG-Anbieter zu übernehmen bzw. erhebliche Ressourcen investiert, um ihre eigenen Ressourcen zu erweitern.

Auch für deutsche Banken steht Investoren eine Vielzahl von ESG-Ratings zur Verfügung. Bei den 31 deutschen Pfandbriefemittenten von Benchmark- und Sub-Benchmark-Anleihen dominieren die drei großen ESG-Ratinganbieter ISS ESG, Sustainalytics und MSCI, die ihre Bewertungen auf Basis öffentlicher Daten durchführen. Aber auch ESG-Ratings aus dem Hause der bekannten Kreditratingagenturen spielen eine wichtige Rolle, denn immerhin 13 Banken haben sich für ein ESG-Rating aus diesem Anbieterkreis entschieden.

Ein wesentlicher Grund für diese im Vergleich zu Kreditratings hohe Zahl an ESG-Einstufungen dürfte die Heterogenität der in der Praxis zum Einsatz kommenden Bewertungsverfahren sein. So fehlt bei ESG-Ratings eine einheitliche Ausrichtung: Zu unterschiedlich sind hier die Auffassungen darüber, was die langfristige Nachhaltigkeit eines Unternehmens ausmacht und welche Faktoren wie dazu beitragen. Zudem legen die Ratinganbieter unterschiedliche Schwerpunkte bei der Erfassung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken.

Überblick von vier ausgewählten ESG-Ratinganbietern

 

Der EU-Regulierungsvorschlag: Wenig Überraschungen und breite Billigung

Im Ergebnis erschweren diese Unterschiede die Vergleichbarkeit von ESG-Ratings deutlich. Die Korrelation der ESG-Ratings eines Unternehmens fällt nicht selten niedrig aus – auch wenn die Bewertungen ein ähnliches Ziel, wie z.B. die Einschätzung von ESG-Risiken und -Chancen, verfolgen.

Dass die EU nun im Juni mit einem Regulierungsvorschlag reagiert hat, kommt daher nicht überraschend. Anleger und Unternehmen weisen seit Jahren auf die mangelnde Verlässlichkeit der Ratings und die eingeschränkte Transparenz der Methodik. Zu oft blieben Umfang der zugrundeliegenden Daten, Zeitpunkt der Datenerhebung, Häufigkeit der Überprüfung und Aktualisierungen der Ratings im Dunkeln. Zudem wird auf die Vielzahl der unaufgeforderten Ratings (unsolicited ratings) sowie auf die unterschiedlich starke Einbeziehung des bewerteten Unternehmens durch den Ratinganbieter hingewiesen. Die Folge: Vergleiche und Interpretation der Ratings werden erschwert, das Vertrauen in den ESG-Rating-Markt ist angekratzt.

Eines gleich vorweg: Der Regulierungsvorschlag unternimmt keine Schritte in Richtung einer Standardisierung von Ratings.

Ziel ist vielmehr eine Erhöhung der Transparenz über die Art und Weise, wie die Anbieter zu ihren Ergebnissen kommen. Somit strebt die EU mit ihrem Regulierungsvorhaben an, die Qualität der Informationen über ESG-Ratings zu verbessern und so das Vertrauen in die Tätigkeiten der ESG-Ratinganbieter zu fördern.

Einige der vorgeschlagenen Regeln dürften den Markt für ESG-Ratings und die bestehenden Geschäftsmodelle der Ratinganbieter tiefgreifend verändern.

Zum einen wird es ESG-Ratinganbietern untersagt sein, andere Dienstleistungen, wie etwa Beratung oder Kreditratings, anzubieten. Diese Beschränkungen sollen die Unabhängigkeit, Objektivität und Integrität der ESG-Ratinganbieter sicherstellen, so dass ihre Bewertungen ausschließlich auf den ESG-Informationen der bewerteten Unternehmen beruhen und nicht durch andere Interessen beeinflusst werden. Zum anderen führt die Verordnung zu erheblicher Ausweitung von Transparenz, Berichts- und Aufzeichnungspflichten sowie Qualitätskontrollen, um Ratingentscheidungen und die Anwendung der offengelegten Methodik bzw. Abweichungen nachvollziehen zu können. Diese werden erheblich mehr Ressourcen und steigende Kosten nach sich ziehen.

Die Interessenvertreter begrüßen mehrheitlich die Entscheidung der EU, ESG-Ratinganbieter schärfer zu regulieren. Mit dem Hinweis auf zahlreiche offene Punkte (wie z.B. eine Vorgabe zur Offenlegung des Anteils extern bestätigter Daten am gesamten Dateninput) zeigen sie jedoch auch, dass der gewünschte Grad an Transparenz, Klarheit und Strenge noch nicht ganz erreicht ist. Der jetzt vorgelegte Entwurf dürfte die Märkte also noch eine Weile beschäftigen. Das Ziel der Verbesserung von Transparenz und Qualität der ESG-Ratings sowie die Förderung von Vertrauen in den ESG-Ratingmarkt ist diese Mühe jedoch zweifellos wert.

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